Ausbildungsfinanzierung und "Spitzausgleich" nach dem Pflegeberufegesetz - SozialGestaltung

Ausbildungsfinanzierung und “Spitzausgleich” nach dem Pflegeberufegesetz

Seit 2020 vollständig in Kraft

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Am 01.01.2020 ist das Pflegeberufegesetz (PflBG) vollständig in Kraft getreten. Die bisherigen drei Ausbildungen in der Altenpflege, der Gesundheits- und Krankenpflege sowie der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege wurden zu einer neuen, generalistisch ausgerichteten Pflegeausbildung zusammengeführt.

Neben der Neukonzeption von Ausbildungsinhalten ist auch die Neuordnung der Finanzierungsstrukturen eine Aufgabe, die derzeit Träger der praktischen Ausbildung und Pflegeschulen im Rahmen der Aufstellung des Jahresabschlusses zum 31.12.2021 beschäftigt. Zudem müssen die Akteur*innen die bilanzielle Relevanz der Festsetzungs- und Zahlungsbescheide 2022 beachten.

1. Schritt: Das „Füttern“ der Landesausbildungsfonds

Die Finanzierung der generalistischen Ausbildung nach dem Pflegeberufegesetz (PflBG) erfolgt seit 2020 einheitlich über Landesausbildungsfonds (LAF). Seitdem refinanzieren alle Pflegeeinrichtungen ihre Umlagezahlungen nach PflBG über Ausbildungszuschläge bei den Pflegesätzen.

Behandlung als “Durchlaufende Posten”

Bei den Umlagezahlungen und Ausbildungszuschlägen handelt es sich prinzipiell um “Durchlaufende Posten”. Nicht alle Pflegeeinrichtungen sind dieser Sichtweise gefolgt und haben die Abrechnung der Ausbildungszuschläge nach PflBG in der Gewinn-und Verlustrechnung (GUV) als Ertrag ausgewiesen und die Umlagezahlungen dazu unter den sonstigen betrieblichen Aufwendungen erfasst. 

Fehlende Abgrenzung der Spitzabrechnung für 2020

Bis zum 30.06.2021 (u.a. in Niedersachsen Verlängerung der Frist bis zum 31.07.2021) erfolgte die Spitzabrechnung der Umlagebeträge für 2020. Im „Spitzausgleich Umlage“ findet ein Abgleich zwischen den von in Rechnung gestellten Ausbildungszuschlägen und den an den LAF geleisteten Umlagenbeträgen statt. 

Ein Beispiel:
Abgerechnete Zuschläge: 8.000 €
Gezahlte Umlagebeträge: 9.000 €
Bei einem negativen Betrag (Differenz: -1.000 €) findet ein Ausgleich zu Gunsten der Einrichtung statt. Der LAF gleicht den positiven oder negativen Differenzbetrag innerhalb des nächsten Finanzierungszeitraumes (hier: 2022) durch Anpassung des monatlichen Umlagebetrages der jeweiligen Einrichtung aus (§17 Abs. 2 PflAFinV).
Mögliche Abrechnungsdifferenzen zwischen Umlagebeträgen und abgerechneten Ausbildungszuschlägen wären von Pflegeeinrichtungen periodengerecht im Jahresabschluss (31.12.2020) abzugrenzen gewesen. Wenn diese Spitzabrechnung nicht bereits im Jahre 2020 abgegrenzt worden ist, ergibt sich insoweit nachfolgend ein periodenfremder Aufwand oder Ertrag. 

Berücksichtigung Corona-Schutzschirm Erstattungen nach § 150 SGB XI

Hierbei sind auch die anteiligen Erstattungen über den Corona-Schutzschirm nach § 150 SGB XI einzubeziehen. Sollten Mindereinnahmen für die Zeit nach dem 1. April 2020 beantragt worden sein, könnten fiktive Ausbildungszuschläge zum Referenzmonat Januar 2020 hinzugerechnet werden.

Fehlende Vereinbarung von Ausbildungszuschlägen nach PflBG

Mitunter versäumen Pflegeeinrichtungen, in den Vergütungssätzen für die Umlagebeträge Ausbildungszuschläge nach PflBG für die allgemeinen Pflegeleistungen nach § 84 Absatz 1 und § 89 SGB XI zusätzlich zu vereinbaren und abzurechnen. Soweit dies unterblieben sein sollte, ist dies gegebenenfalls nachzuholen. Sofern keine Refinanzierung durchgeführt wurde, erhalten die Unternehmen keinen Ausgleich durch den Pflegeausbildungsfonds.

2. Schritt: Finanzierung der individuellen Ausbildungskosten

Um die individuellen Ausbildungskosten zu decken, erhalten alle ausbildenden Einrichtungen im Sinne des § 7 Absatz 1 PflBG Ausgleichszuweisungen aus Fondsmitteln. Dies gilt auch für staatlich anerkannte Pflegeschulen.

Ausweis in der GuV

Nach handelsrechtlicher Betrachtung handelt es sich bei den Zahlungen des Ausgleichsfonds an die Träger der praktischen Ausbildung (Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen) um „sonstige Umsatzerlöse“, bei Pflegeschulen um “Umsatzerlöse”.

Spitzabrechnung 

In dem auf das Finanzierungsjahr folgenden Abrechnungsjahr (erstmalig 2021) werden Ausgleiche der Umlagebeträge (Einzahlerausgleich) sowie der Ausgleichzuweisungen (Budgetausgleich) durchgeführt. Die ausbildenden Einrichtungen und die Pflegeschulen müssen dem LAF eine Abrechnung über die Einnahmen aus den Ausgleichszahlungen und die im Ausbildungsbudget vereinbarten Ausbildungskosten vorlegen. Überzahlungen aus dem Budgetausgleich sind von den Trägern der Pflegeausbildung und den Pflegeschulen umgehend an den Landesausbildungsfonds zurückzuzahlen; Rückforderungen werden mit dem Ausbildungsbudget des nächsten Finanzierungsjahrs verrechnet (§ 34 Abs. 6 PflBG).

In Bezug auf die eigentlichen Pauschalen erfolgt kein Spitzausgleich. Etwaig auszugleichende Mehrausgaben oder Überzahlungen könnten sich dann nur durch nicht gemeldete Abweichungen bei den Ausbildungszahlen ergeben. Zu klären wäre, ob es 2020 im Einzelfall noch anderweitige Einnahmen gegeben haben kann. Soweit die Arbeitsagenturen und Jobcenter bei Umschulungsmaßnahmen die Lehrgangskosten übernehmen, kann dies zu einer Doppelfinanzierung geführt haben.

Nachweise der einzahlenden Einrichtungen zum Ausbildungszuschlag

Einrichtungen, die unter die gesetzlichen und vertraglichen Rahmenbedingen zur Finanzierung der Ausbildung nach dem PflBG fallen, müssen jeweils bis zum 30.06. eines Jahres die Nachweise für das Vorjahr übermitteln.

Soweit kein individuelles Ausbildungsbudget vereinbart wurde, kann für gezahlte pauschale Anteile lediglich ein Nachweis und eine Abrechnung darüber gefordert werden, dass die Grundvoraussetzungen, wie zum Beispiel die Zahl der Ausbildungsverträge, im Abrechnungszeitraum vorgelegen haben. Grundsätzlich können solche Nachweise durch eine Bestätigung des Jahresabschlussprüfers erfüllt werden. Gemäß der Verfahrensregel nach § 33 Abs. 6 PflBG reicht hier aber eine Aufstellung aus, die durch eine verantwortliche Person (z.B. Vorstand, Geschäftsführer*in) unterschrieben ist.

Zusammenfassung: Pflegeeinrichtungen müssen die bilanzielle Relevanz der Festsetzungs- und Zahlungsbescheide 2022 beachten

Die Finanzierung und Bilanzierung der generalistischen Ausbildung nach PflBG ist mit einem nicht unerheblichen bürokratischen Aufwand verbunden. Mitunter beachten Einrichtungen nicht, dass es sich bei den Umlagebeträgen und den Ausbildungszuschlägen um “Durchlaufende Posten” handelt. Im Kalenderjahr nach dem Finanzierungsjahr (erstmals im Jahr 2021) erfolgt für 2020 eine Spitzabrechnung, die zahlungstechnisch erst in der Finanzierung 2022 berücksichtigt wird. Wenn die Abrechnungsdifferenzen aus 2020 nicht periodengerecht abgegrenzt worden sind, führt das nachfolgend zu periodenfremden Effekten. Pflegeeinrichtungen sind verpflichtet, die vorstehenden Bilanzierungsregeln im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2021 auch in Bezug auf die Spitzabrechnung der Ausbildungsfinanzierung des Geschäftsjahres 2021 entsprechend zu beachten.