Investitionskosten für Pflegeeinrichtungen in NRW - SozialGestaltung

Investitionskosten für Pflegeeinrichtungen in NRW

Berücksichtigung der aktuellen Urteile des Landessozialgerichts NRW

Anwältin mit Gesetzbuch und Robe

Das übliche Berechnungsverfahren der Investitionskosten in NRW sieht für gemietete Pflegeeinrichtungen laut Verwaltungspraxis der Landschaftsverbände vor, Verkehrs- und Freiflächen nur hälftig mit dem individuellen Bodenrichtwert zu berücksichtigen. 

Das Landessozialgericht (LSG) machte nun deutlich, dass diese Berechnungsmethodik rechtswidrig ist. Damit muss ab sofort auf die bestehenden Verkehrsflächen zu 100 Prozent und die von der Einrichtung genutzten Freifläche bis zu 50 Quadratmeter pro Heimplatz der volle Bodenrichtwert anerkannt werden. Außerdem muss ein landesweiter Erbbauzins von 5 Prozent zugrunde gelegt werden, wenn der jeweilige lokale Grundstücksmarktbericht keinen anderen Wert für Gewerbenutzflächen ausweist. Üblich waren bislang 3 Prozent. 

Die Landschaftsverbände LWL und LVR möchten die Auswirkungen der vorgenannten Urteile pragmatisch berücksichtigen. So sollen in der praktischen Umsetzung ausschließlich Fälle im Widerspruchsverfahren berücksichtigt werden. Eine automatische Anwendung der Urteile des LSG in allen Fällen, die noch nicht rechtskräftig sind, erfolgt offenbar nicht. 

Es empfiehlt sich, in relevanten Fällen die Widerspruchsbegründungen (in noch offenen Verfahren) um die Berücksichtigung der Flächen und des Erbbauzins zu ergänzen. Es ist anzunehmen, dass die Bescheide der Jahre 2021/2022 alle fehlerhaft sind, da die Landschaftsverbände die Frei- und Erschließungsflächen immer nur zu 50 Prozent berücksichtigt haben. 

Zwecks prospektiver Sicherung der Ansprüche aus den Urteilen des LSG, sollte Widerspruch und gegebenenfalls Klage gegen die Festsetzungsbescheide des Verfahrens 2021/2020 eingereicht werden. Für die Einrichtungen, die im Verfahren 2019/2020 oder 2021/2022 keine Widersprüche oder Klagen eingereicht haben und daher bestandskräftige Bescheide haben, sollten Überprüfungsanträge nach § 44 SGB X bei den Landschaftsverbänden gestellt werden. Ab der Antragstellung müssen die Bescheide von den Landschaftsverbänden rückwirkend für die Dauer von 4 Jahren geändert werden, wenn sie rechtswidrig sind. 

Möchten Betreiber von einer rückwirkenden Abrechnung absehen, so ist alternativ ein neuer Antrag auf Feststellung zum 01.01.2022 und nach Erteilung des Feststellungsbescheids ein Antrag auf neuerliche Festsetzung zum 01.01.2022 zu stellen. Ob die Neuanträge seitens der Landschaftsverbände bearbeitet werden, ist bislang jedoch nicht abschließend geklärt. 

Den Bewohnern sollte zeitnah (z. B. im Zusammenhang mit der Pflegesatzsteigerung zum 01.01.2022) mitgeteilt werden, dass die Investitionskosten nach Auffassung des LSG von den Landschaftsverbänden zu niedrig festgesetzt wurden. Um Nachzahlungen der Bewohner und deren Angehörigen zu vermeiden, sollte Bewohnern angeboten werden, vorläufig die von den Einrichtungen ermittelten Kosten zu bezahlen. Ihnen sollte zugesichert werden, dass mögliche Überzahlungen an sie oder deren Angehörige erstattet werden, sobald die endgültigen Investitionskosten feststehen. 

Das Landessozialgericht hat darüber hinaus weitere Urteile für Eigentumseinrichtungen getroffen: 

  • Für Einrichtungen, die vor dem 01.07.1996 in Betrieb gegangen sind, müssen die Landschaftsverbände die tatsächlich vorhandenen Quadratmeter anerkennen, auch wenn sie über 50 Quadratmeter pro Bewohner liegen (Urteil vom 20. Mai 2021). 

  • Bei Bescheiden für das Jahr 2017 sind die aktuellen Quadratmeterwerte des Jahres 2017 und nicht die des Jahres 2016 zu Grunde zu legen (Urteil vom 22. April 2021) .

  • Alle Einrichtungen haben einen Anspruch darauf, dass ihr eingesetztes Eigenkapital verzinst wird. Dies gelte auch für Alteinrichtungen (Urteil vom 22. April 2021). 

Weitere Klagen sind aktuell in Bearbeitung, welche die Berechnungssystematik prospektiv verändern werden.