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In der Corona-Krise waren insbesondere Tagespflegen, Kindertageseinrichtungen, Werkstätten für Menschen mit Behinderung und Jugendherbergen flächendeckend von behördlich angeordneten Schließungen betroffen. Neben Leistungen aus den verschiedenen Corona-Rettungsschirmen und Entschädigungsansprüchen an öffentliche Stellen, greifen viele Träger auch auf individuell bestehende Betriebsschließungs- oder Betriebsausfallsversicherungen zurück, um die Umsatzausfälle zu kompensieren. Leistungsablehnungen durch Versicherungsunternehmen haben bereits zu gerichtlichen Auseinandersetzungen geführt.
Ob eine Betriebsschließungs- oder Betriebsausfallsversicherung wegen Infektionsgefahr eintritt, kommt auf die Ausgestaltung des abgeschlossenen Versicherungsvertrages an. Das rechtliche Argument für das Aufkommen des Versicherungsschutzes in der Corona-Krise bezieht sich im Wesentlichen auf das Infektionsschutzgesetz (IfSG). Ein Schutz gegen eine Betriebsschließung wegen Seuchen – und bzw. oder Infektionsgefahr besteht, wenn diese Krankheiten auch im Infektionsschutzgesetz gelistet sind.
Einige Versicherungsunternehmen argumentieren, dass es sich bei SARS-CoV-2 um ein neuartiges Virus handelt, das zum Vertragsschluss nicht gelistet war.
Bereits im April 2020 hatte das Landgericht Mannheim folgendes Urteil ausgesprochen (Urteil v. 29.04.2020, 11 O 66/20): Wenn ein ausdrücklicher Verweis im Versicherungsvertrag auf § 6 Infektionsschutzgesetz besteht, und keine namentliche Aufzählung von Krankheiten und Krankheitserreger erfolgt, sind grundsätzlich die zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles nach dem IfSG meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger gedeckt. Das bedeutet, dass ein Versicherungsschutz besteht, insofern im Versicherungsvertrag auf § 6 hingewiesen wurde und keine namentliche Auflistung von Erkrankungen niedergeschrieben ist.
Bei einem anderen Verfahren hat eine Kindertagesstätte in München die Haftpflichtkasse Darmstadt verklagt. Dabei wies das Gericht jedoch darauf hin, dass die Einrichtung faktisch nicht geschlossen war, weil die Notbetreuung von „systemrelevanten“ Eltern weiterhin angeboten wurde. Die Notbetreuung wurde von der Regierung Oberbayern angeordnet.
Einige Versicherungen bieten von sich aus eine Kulanzregelung an. Dabei werden 15 Prozent, der im Versicherungsvertrag vereinbarten Tagessumme für die Dauer der maximal versicherten Schließungszeit von 30 Tagen angeboten. Dieses Vorgehen beruht auf der „bayerischen Lösung“.
Das Bayerische Wirtschaftsministerium hat zusammen mit Branchenverbänden und Versicherungsunternehmen eine Lösung ausgearbeitet, bei welcher Versicherer zwischen 10 bis 15 Prozent der Tagessätze, die bei Betriebsschließung vereinbart waren, übernehmen. Im Rahmen einer solchen „Abfindungserklärung“ besteht ein Verzicht auf weitere Ansprüche.
Durch Kurzarbeitergeld und Soforthilfen von Bund und Ländern, soll der größte Anteil von rund 70 Prozent der wirtschaftlichen Auswirkungen eingefangen werden. Die verbleibenden 30 Prozent werden auf die Versicherungen und die Versicherungsnehmer aufgeteilt: Bis zu 15 Prozent übernehmen die Versicherungen, und der restliche Anteil wird von den Versicherungsnehmern getragen.
Anwälte kritisieren diese Lösung dahingehend, dass die Versicherungen normalerweise für die vertraglich vereinbarte Tagesentschädigung aufkommen. Selbst bei einer rund 70-prozentigen Deckung durch staatliche Unterstützung, müsse der restliche Betrag von der Versicherung erstattet werden.
Grundsätzlich gilt, dass die Versicherungsnehmer schnellstmöglich handeln müssen. Eine Betriebsschließung muss der Versicherung unverzüglich gemeldet werden.