Altenpflegegesetz NRW: Gericht verpflichtet LVR zur Anhebung der Angemessenheitsgrenze - SozialGestaltung

Altenpflegegesetz NRW: Gericht verpflichtet LVR zur Anhebung der Angemessenheitsgrenze

Pflegeeinrichtungen sollten mögliche Folgen prüfen

Shot of a caregiver helping a senior man in a wheelchair at home

Die Entwicklung der Angemessenheitsgrenzen war in den letzten Jahrzehnten von Preisschwankungen geprägt: 1996 trat das Landespflegegesetz in Kraft. Eine Folge war die Festlegung eines Baukostenwerts von 92.800 Euro pro Pflegeplatz, der 2003 um 21 Prozent auf 76.700 Euro gekürzt wurde. 2008 wurden die Baukosten auf einen Wert von 85.250 Euro für 6 Jahre „eingefroren“ und mit Inkrafttreten der Durchführungsverordnung zum Altenpflegegesetz NRW (APG DVO NRW) im Jahr 2014 erfolgte eine Indexierung entsprechend der Baukostenentwicklung in NRW.


Eine Beratungsgesellschaft überprüfte 2020 die geltenden Angemessenheitsgrenzen und kam zu dem Ergebnis, dass der Bau einer Altenhilfeeinrichtung zu diesen Bedingungen nicht möglich sei. Infolgedessen hob das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales die Angemessenheitsgrenze um rund 15 Prozent auf 2.378,16 Euro pro Quadratmeter an. Dieser Betrag wurde entsprechend der Baukostenentwicklung in den darauffolgenden Jahren weiter indexiert.


Höhere Angemessenheitsgrenzen müssen berücksichtigt werden – auch rückwirkend 


Im Jahr 2013 wurde eine neue Pflegeeinrichtung mit 80 Plätzen und eigener Küche in NRW eröffnet. Entsprechend der festgelegten Baukostenobergrenze hatte der Landschaftsverband Rheinland (LVR) die Baukosten auf 85.250 Euro je Platz festgesetzt. Der Einrichtungsträger ging in Widerspruch und klagte mit dem Ziel, höhere Baukosten anerkannt zu bekommen. Denn diese führen zur Anerkennung höherer Abschreibungskosten, höherer Zinsen und höherer Instandhaltungskosten und damit auch zu höheren Investitionskosten pro Tag. 


Das Landessozialgericht NRW (LSG NRW) folgte der Klage und verpflichtete den LVR, einer Angemessenheitsgrenze von 107.423,81 Euro pro Platz zuzustimmen (Urteil vom 24. November 2022 – L 5 P 60/19t.). Die Investitionskosten erhöhten sich somit um 26 Prozent. Außerdem wurde der LVR gemäß Urteil dazu verpflichtet, auch für die Vergangenheit höhere Angemessenheitsgrenzen zu berücksichtigen.


Für wen ist das Urteil relevant?


Die Entscheidung betrifft vor allem Pflegeeinrichtungen, deren Baukosten in der Vergangenheit nicht in vollem Umfang aufgrund gültiger Angemessenheitsgrenzen berücksichtigt worden sind. Eine schriftliche Urteilsbegründung ist noch abzuwarten, sehr wahrscheinlich wird das Urteil für Pflegeeinrichtungen, deren Investitionskosten in der Vergangenheit vollständig anerkannt wurden, keine Vorteile haben. Dasselbe gilt voraussichtlich für Einrichtungen, die nach dem 1. Januar 2020 einen Neubau in Betrieb genommen haben oder aktuell einen Neubau planen. 


Alle anderen sollten prüfen, ob durch die Rechtsprechung des LSG NRW eine günstige Veränderung der Rechtslage eingetreten ist, die in laufende Widerspruchs- oder Klageverfahren einzubringen ist. Für bestandskräftige Bescheide können Überprüfungsanträge gestellt werden.


Wichtig: Eine behördliche Anpassung des Festsetzungsbescheids führt nicht automatisch zu nachträglichen Mehreinnahmen für eine Einrichtung. Erhöhte Investitionskosten können gemäß § 9 WBVG erst vier Wochen nach schriftlicher und begründeter Ankündigung in Rechnung gestellt werden.